Ich finde mich ein und stelle mich hiermit vor als euer neuer Pfarrer mit dem liturgischen Gruß „Der Herr sei mit euch!“.
Pfarrer kommen und gehen, einer bleibt immer derselbe und bleibt immer hier bei euch vor Ort als der „gute Hirt“: der Herr, der menschenfreundliche Gott in Menschengestalt, Jesus Christus. In diesem Sinne: Es bleibt alles beim Alten - Jesus ist und bleibt der wahre Pfarrer von Leopoldskron-Moos, ich bin nur sein neuer Helfer. Und P. Shaju, den ich hiermit auch sehr herzlich an meiner Seite begrüße als priesterlichen Mitarbeiter. Ich werde weniger sichtbar sein, er übernimmt hier vor Ort die Sakramentenspendung und Seelsorge, zusammen mit der leitenden Seelsorgerin Lydia Sturm.
Ich trete meinen Dienst als euer neuer Pfarrer an in der Erntezeit, in der Herbstzeit, wo allerorten die Ernte eingefahren wird und in der Kirche der Erntedank gefeiert wird. Ich trete meinen Dienst an nicht unter dem Früh- lingsmotto „Alles neu macht der Mai“, sondern unter dem Herbstmotto „Ern-tezeit“, als einer, der aufbauen darf auf der Arbeit im Weinberg des Herrn, die andere vor mir getan haben. Was Detlef Lenz und Peter Hausberger ausgesät haben, zusammen mit ihren ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Hauptamtlichen - das darf ich nun ernten, darauf darf ich aufbauen und weiterbauen.
Ich will hier nur kurz andeuten und skizzieren, worum es mir geht, was meine Leitgedanken sind, mein Motto. Mein Credo in wenigen Sätzen.
(1) Stichwort Credo. Ich glaube an alles, was im Credo steht, „no na!“, aber ich denke mir meinen Teil dabei. Ich glaube alles, aber auf meine Art und Weise.
(2) Es darf in der Kirche auch Klartext gesprochen werden. Ich bin ein Mensch, der lieber etwas sagt als nichts. Ich bin ein Mensch, der eine Meinung hat und seine Meinung ausspricht, aber auch anderen ihre Meinung lässt.
Ich will aufrecht gehende Menschen, keine Kriecher. Karl Heinz Deschner drückte dies einmal unübertrefflich prägnant so aus: „Seit der Mensch aufrecht geht, kriecht er mehr als je zuvor.“
(3) Der Mensch ist für mich das Maß der Religion - für mich gibt es nicht nur die Bibel, den Katechismus und das Kirchenrecht, sondern meine Lehrmeisterin Nummer eins ist die LEBENSWIRKLICHKEIT der Menschen des 21. Jahrhunderts, hier in Mitteleuropa. Der heilige Johannes Paul II. formulierte dies in seiner ersten Enzyklika, „Redemptor hominis“ (März 1977) so: „Der Mensch ist der Weg der Kirche.“ Und weiter: „Da der Mensch der Weg der Kirche ist, muss sich die Kirche unserer Zeit immer wieder neu die Situation des Menschen bewusst machen.“
(4) Je älter ich werde, desto mehr glaube ich, dass die kleinste Hilfe oft mehr taugt als der größte Gedanke. „Der Glaube ohne Werke ist tot“, heißt‘s im Jakobusbrief. So bemesse ich Men- schen nach dem Maß der Wahrheit, die sie vertragen, und, mehr noch, nach der HILFE, die sie anderen leisten (Primat der DIAKONIE).
(5) Warum also nicht alles metaphysische Gemunkel preisgeben, jeden religiösen (und nichtreligiösen, weltanschaulichen oder politischen) Abso- lutheitsanspruch, jede religiöse (und nichtreligiöse) Intoleranz? Warum nicht friedlich und freundlich werden, zum Wissen erziehen, soweit man wissen kann, und zur Liebe - in diesem kurzen Leben auf einer so rätselhaften Welt?
(6) Zuletzt einer meiner Lieblingstheologen, Albert Schweitzer: „Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen.“
Eines Tages werde auch ich wieder gehen - ich hoffe, dass die eine oder ande- re Spur der Liebe bleiben wird.
In diesem Sinne - auf eine gute Zusammenarbeit im Weinberg Gottes!
Euer P. Michael Köck OSB Pfarrprovisor